Provenienzforschung

Was ist Provenienzforschung?

Stempel, Aufkleber oder Beschriftungen, die an Kunstwerken zu finden sind, liefern oft wichtige Hinweise zur Herkunft. Solche Anhaltspunkte werden mit Informationen aus Archivbeständen, Kaufverträgen, Publikationen oder Auktionskatalogen kombiniert. Im Idealfall lassen sich so die Besitzverhältnisse eines Kunstwerkes rekonstruieren. Das Erstellen solcher möglichst vollständiger „Werk-Biografien“ ist die Aufgabe der Provenienzforschung.

Es geht also um das Sichtbarmachen und Darstellen wechselnder Eigentumsverhältnisse und Herkunftsgeschichten von Kulturgütern. Besonders aufklärungsbedürftig sind dabei solche Fälle, wo rechtswidriges Handeln im Spiel ist – wie z. B. bei Kolonialen Entzugskontexten oder Entzugskontexten in der ehemaligen DDR, aber auch bei aktuellen Kulturgutverlagerungen. In Deutschland liegt der Fokus auf der der NS-Zeit. Das Ziel ist es, Kulturgüter ausfindig zu machen, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden, deren Vorkriegseigentümer oder ihre Erben aufzuspüren und eine „gerechte und faire Lösung zu finden“. Das ist der Kern der so genannten Washingtoner Prinzipien von 1998, denen die Bundesrepublik Deutschland folgt.

Provenienzrecherche im KOG

Im KOG läuft die systematische Provenienzrecherche seit Dezember 2018. Die spezialisierte Kunsthistorikerin Natascha Mazur M.A. untersucht Werke, die in ihrer Herkunftsgeschichte Provenienzlücken in den Jahren 1933 bis 1945 aufweisen. Das erste Teilprojekt war für zwei Jahre bis November 2020 ausgelegt und wurde vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste und der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern gefördert. Dank einer Förderung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien konnte das Museum ab Dezember 2020 die Provenienzforschung zunächst für weitere zwei Jahre fortsetzen. Anschließend hat der Bund das Projekt bis Ende November 2025 verlängert.

 

Provenienzampel auf orange: zwei Meldungen in der Lost Art-Datenbank

Während des ersten Projekts (2018-2020) hat Provenienzforscherin Natascha Mazur M.A. insgesamt 146 Gemälden aus stiftungseigenen Gemäldebeständen untersucht. Bei 38 Gemälden konnte eine einwandfreie Provenienz belegt werden – auf der Provenienzampel liegen sie im grünen Bereich. Weitere 106 Werke fallen in den gelben Bereich der Ampel. Ihre Provenienz im untersuchten Zeitraum gelang es trotz intensiver Forschung nur lückenhaft darzustellen. Jedoch haben sich während der Recherche keine konkreten Anhaltspunkte für einen NS-verfolgungsbedingten Entzug ergeben.

Zwei Gemälde stufte Mazur in die orangefarbene Kategorie ein. Ihre Provenienz gilt als bedenklich. Es betrifft das beidseitig bemalte Gemälde von Jakob Steinhardt „Leichenzug (Straßenzug) / Dorf (Zerkow)“ aus dem Jahr 1922/1924 und das Gemälde „Auszug der ostpreußischen Landwehr ins Feld 1813“ aus dem Jahr 1860/1861 von Gustav Graef. Bei beiden Werken ist ihr Verblieb zwischen 1933 und 1945 nicht vollständig nachzuvollziehen, vor 1933 befanden sie sich in jüdischem Besitz. Bislang konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass es sich tatsächlich um sogenannte NS-Raubkunst handelt.

Aufgrund der offenen Fragen übermittelte das Museum die Daten an die Lost Art-Datenbank. Seit dem 02.12.2020 sind sie hier unter den Lost Art ID-Nummern „592582“ und „592583“ als Fundmeldungen gelistet. Die vom Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste angelegte Datenbank sammelt alle Such- und Fundmeldungen zu jeglichen während der NS-Zeit verschollenen Kulturgütern, um die Aufklärung der Fälle möglichst zu fördern.

 

Aktuelles Projekt: Leihgaben der Bundesrepublik Deutschland

Ab Dezember 2020 übernahm die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien die Förderung der Provenienzrecherche am KOG, so dass die bisherige Forschung nahtlos fortgesetzt werden konnte. Das aktuelle Projekt läuft nach einer Verlängerung bis November 2025. Im Mittelpunkt stehen die Leihgaben der Bundesrepublik Deutschland, die sich dauerhaft im KOG befinden. Rund die Hälfte dieses Bestandes, 772 Kunstwerke, ist vor 1945 entstanden und ihr Verbleib in den Jahren 1933 bis 1945 ist nicht vollständig geklärt. Im Rahmen des aktuellen Projekts sollen die Provenienzen von 393 priorisierten Arbeiten geklärt werden – darunter 138 Gemälde und 255 grafische Blätter. Sollten Kunstwerke aus ehemaligem jüdischem Besitz und unrechtmäßig entzogene Objekte identifiziert werden, suchen die Beteiligten im Sinne der Washingtoner Prinzipien eine „faire und gerechte“ Lösung. Unter den bereits erforschten Kunstwerken befindet sich bisher keines, das NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde.


Nächste Führung

folgt in Kürze

Pressemitteilungen

| Provenienzforschung

Führung mit Natascha Mazur M.A.

Bereits zum sechsten Mal findet am Mittwoch, 10. April, der Tag der Provenienzforschung statt. Über 100 Kultureinrichtungen in Europa und den USA beteiligen sich mit insgesamt rund 150 Online - und Präsenzveranstaltungen. Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie lädt an diesem Tag zu einer Führung mit Provenienzforscherin Natascha Mazur M.A. ein. Treffpunkt ist um 16 Uhr an der Museumskasse.

Seit 2019 bieten Museen, Bibliotheken und andere Einrichtungen mit eigenen Sammlungen am Tag der Provenienzforschung Einblicke in diesen Forschungsbereich, der sich der Herkunft kultureller Objekte widmet. Thematische Schwerpunkte des internationalen Veranstaltungsprogramms sind NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut, Kulturgüter aus kolonialen Kontexten und in der SBZ/DDR enteignete Objekte, aber auch Objekt- und Sammlungsgeschichten generell. Mit dem Aktionstag möchte der Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. die gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz dieser Disziplin vor Augen führen und dem breiten Publikum Einblicke in ihre Methoden geben.

„Angesichts der in diesem Frühjahr verabschiedeten Best Practices zur Umsetzung der Washingtoner Prinzipien von 1998, der Fragen um ein deutschlandweites Restitutionsgesetz und des Umgangs mit strittigen Fällen verweist der Tag auf den Wert eben jener Forschungsarbeit, die Basis und Grundlage künftiger – auch politischer – Entscheidungen bleiben muss,“ heißt es in der Pressemitteilung des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V., der sich seit 2000 als international agierendes Netzwerk von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen etabliert hat.

Im Kunstforum Ostdeutsche Galerie berichtet Provenienzforscherin Natascha Mazur M.A. über die Ergebnisse ihrer Forschung zu Herkunftsgeschichten von Werken aus der Sammlung des Kunstforums Ostdeutsche Galerie. An konkreten Beispielen zeigt sie unter anderem, wie und wo sie die nötigen Puzzlestücke zusammenträgt, um die Geschichte rekonstruieren zu können. Mazur untersucht seit 2018 im Rahmen von verschiedenen Projekten Objekte aus dem Bestand des KOG. Das aktuelle Projekt wird durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert und umfasst Leihgaben der Bundesrepublik Deutschland – 138 Gemälde und 255 grafische Blätter. Die Führung beginnt am Mittwoch, 10. April, um 16 Uhr. Eine Platzreservierung wird empfohlen unter www.knstforum.net oder telefonisch unter 09412971420.

Eine Übersicht und Informationen zu allen Aktionen rund um den Tag der Provenienzforschung 2024 sind auf der Webseite des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V. zu finden www.arbeitskreis-provenienzforschung.org/veranstaltungen/. Pünktlich zum diesjährigen Tag der Provenienzforschung erscheint zudem eine themenübergreife Publikation des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V. mit einer umfangreichen Chronik der Vereinstätigkeit – digital im Volltext verfügbar sowie als Print On Demand zu bestellen: https://doi.org/10.11588/arthistoricum.1315.

 

Pressebilder

Das Bildmaterial darf ausschließlich im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über die Provenienzforschung am Kunstforum Ostdeutsche Galerie kostenfrei verwendet werden. Die Bildunterschriften bitten wir nach Möglichkeit komplett darzustellen. Die Nutzung der Abbildungen für Social Media ist ohne Genehmigung nicht zulässig.

Die kompletten Bildunterschriften finden Sie in der beigelegten Datei "PM_Tag der Provenienzforschung am Kunstforum Ostdeutsche Galerie. Führung mit Natascha Mazur M.A.".

Rückseite des Gemäldes „Stehender Mädchenakt“ von Rudolf Levy
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Rückseite des Gemäldes „Stehender Mädchenakt“ von Rudolf Levy, Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Leihgabe des Bundesrepublik Deutschland, Foto: KOG / Gabriela Kašková

jpg-Datei, Größe: 10 MB

Provenienzforscherin Natascha Mazur mit der Rückseite des Gemäldes „Stehender Mädchenakt“ von Rudolf Levy,
Provenienzforscherin_Natascha_Mazur_mit_der_Rueckseite_eines_Gemaeldes_von__Rudof_Levy_Foto_KOG.JPG

Provenienzforscherin Natascha Mazur mit der Rückseite des Gemäldes „Stehender Mädchenakt“ von Rudolf Levy, Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Leihgabe des Bundesrepublik Deutschland Foto: KOG / Gabriela Kašková

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Tag der Provenienzforschung am Kunstforum Ostdeutsche Galerie

Kunstwerke mit Geschichte

Die Ergebnisse ihrer Forschung stellt Natascha Mazur M.A. interessierten BesucherInnen im Rahmen von (Kurz-)Führungen und Themenabenden vor. Einige Geschichten finden Sie auch hier.

Paul Kleinschmidt

Ihre Ansprechpartnerin

Provenienzforscherin
Natascha Mazur M.A.
n.mazur@kog-regensburg.de

Porträtfoto von Natascha Mazur M.A.

Mit freundlicher Unterstützung von