Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie war das erste größere Kunstmuseum, in dem ein in den 1980er Jahren entwickeltes alternatives Klima-System eingebaut wurde. Beraten hat bei dem Pionierprojekt, das die Generalsanierung des Museumsbaus zwischen 1989 und 1993 umfasste, der Urheber der neuen Methode und damalige Ltd. Restaurator der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern Henning Großeschmidt.
Das Klima-System baut im Wesentlichen auf dem Zusammenwirken von drei Komponenten auf: Neben der einfachen Wandheizung ist es die optimierte Gebäudehülle und die minimierte Lüftung. „Die so genannte „Temperierung“ funktioniert mit Heizrohrschleifen, die in Sockel- und Brüstungshöhe in den Wänden verlegt sind,“ erklärt Michael Kotterer, Restaurator am Kunstforum Ostdeutsche Galerie, der die Installation des Systems von Anfang an begleitet hat und die Anlage bis heute betreut. „Das Prinzip einer solchen Heizung ist alt und bewährt – es geht bereits auf die Römer zurück,“ ergänzt er. „Die Wände werden durch den Warmluftauftrieb auf ganzer Höhe erwärmt. Sie strahlen zum einen ab und beheizen den Raum. Zum anderen entstehen hinter hängenden Gemälden keine Kältebrücken.“ Dies ist besonders wichtig, da die Bildung von Kondenswasser ausbleibt und Schimmelbildung ausgeschlossen wird.
Damit das ganzheitliche Konzept aufgeht und energiesparend bleibt, muss die Gebäudehülle möglichst dicht sein. Die Temperierung unterstützt dabei die Dämpfungsfähigkeit der Außenwände. Dass über die Wände geheizt wird und nicht mit erwärmter Raumluft, verringert auch den Bedarf an Frischluftzufuhr von draußen. Das wiederum ermöglicht das Lüftungssystem zu minimieren. Die Zuluft muss zudem nicht übermäßig gekühlt oder geheizt werden. Das Klima im Inneren schwankt im Jahresverlauf in Abhängigkeit von den Außentemperaturen. Da diese Schwankungen im Bereich von wenigen Grad Celsius aber nach und nach mit einem sanft steigenden oder sinkenden Verlauf vor sich gehen, ist dies kein Problem. Durch eine stete Überwachung und Nachjustieren kann man diese so genannten Klimakorridore regulieren, um die für den Erhalt der Werke nötigen Werte zu erzielen.
Der Vorteil dieses ganzheitlichen Ansatzes gegenüber anderen Verfahren ist enorm: Mit vergleichsweise geringerem energetischen sowie finanziellen Aufwand ist ein hoher Grad an Effizienz erreichbar. So profitiert das KOG von der Energieersparnis und niedrigen Wartungskosten des Klima-Systems. Die relativ einfache Technik ist zudem weniger störungsanfällig und der Betrieb ist auch ohne großes Spezialwissen gut zu bedienen.
Als Beispiel für die innovative Klimatisierungsmethode beteiligte sich das KOG zwischen 1995 und 1998 am internationalen Forschungsprojekt EUREKA EU 1383 PREVENT. Museen und Universitäten aus Ljubljana, Stockholm und Wien hatten sich zusammengeschlossen, um sich mit konservatorisch und bauphysikalisch zuträglicher Heizung und natürlicher Lüftung in Museen und historischen Gebäuden zu beschäftigten. Die Aufgabe des Regensburger Museums war es, die Auswirkungen der Temperierungsmethode auf das Raumklima zu dokumentieren. Die Ergebnisse flossen in die Publikation „Klima in Museen und historischen Gebäuden. Die Temperierung“ ein, die die beiden Restauratoren Henning Großeschmidt und Michael Kotterer gemeinsam mit der Schloss Schönbrunn Gesellschaft erarbeiteten. Das Handbuch erschien im Jahr 2004. Es stellt eine umfassende Anleitung zur Anwendung der Temperierungsmethode dar.
Ab Ende der 1990er Jahre finden sich weitere Beispiele für die Umsetzung des alternativen Klima-Konzepts: Der Würzburger Kulturspeicher wurde zwischen 1999 und 2001 neu ausgestattet, das Obergeschoss des Gründungsbaus der Hamburger Kunsthalle im Jahr 2006 und ein Bereich im Obergeschoss des Kunsthistorischen Museums Wien im Jahr 2009. Die konventionelle Planung am Museum für Franken auf der Marienfeste Würzburg wird seit 2021 umgestellt. Das aktuellste Beispiel findet sich wieder in Regensburg: Im Zuge der laufenden Baumaßnahme am so genannten Grafiktrakt aus den 1980er Jahren rüstet das KOG auf, um den hier untergebrachten Ausstellungsraum sowie das Grafikmagazin an die aktuellen Anforderungen für Kunstaufbewahrung anzupassen.
„Angesichts des Klimawandels liegen die Vorteile des Temperierung-Systems auf der Hand. Und doch ist die Methode in Forschung und Lehre nicht so verbreitet, wie man es sich wünschen würde,“ bemerkt Michael Kotterer. Das Problem sehen die ExpertInnen in drei Punkten: das Festhalten der Museen an zu eng gefassten Klimawerten, die Vergabe von Systemvergleichen und Risikobewertungen an freiberufliche Kräfte, die auf der Basis konventioneller Berechnung arbeiten und die auf der Bausumme basierende Honorierung der Planer.
Am 17. und 18. August 2023 erwartet das KOG den Besuch von Fachleuten aus Braunschweig. Die VertreterInnen des staatlichen Baumanagements sowie KollegInnen von drei dortigen staatlichen Museen möchten sich die ursprüngliche Anlage direkt vor Ort anschauen und mehr über das gegenwärtige Projekt erfahren. Auf dem nicht öffentlichen Programm stehen Vorträge von Henning Großeschmidt, dem Urheber der Methode, sowie von Michael Kotterer, Restaurator am KOG.
Weiterführende Links zu Quellen, die sich mit der Thematik der Temperierung beschäftigen, finden Sie auf der Website des KOG: https://www.kunstforum.net/museum/forschung-recherche/temperierung
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