Pressemitteilungen

| Ausstellung

Highlight des Ausstellungsjahres 2023 im Kunstforum Ostdeutsche Galerie

Die Ausstellung „We love Picasso“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg zeigt Pablo Picassos Einfluss auf die gleichaltrige sowie die jüngere Künstlergeneration. Im Mittelpunkt stehen Werke polnischer und tschechischer aber auch deutscher Künstlerinnen und Künstler, die Picassos Motive und seinen Stil aufgegriffen und weitergeführt haben oder sich punktuell mit dem großen Vorbild auseinandergesetzt haben. Die Zusammenschau spannt den Bogen über ein Jahrhundert zwischen den 1910er Jahren bis ins Jahr 2013. Die Eröffnung findet am Freitag, 6. Oktober um 19 Uhr statt. Die Ausstellung ist an diesem Tag ab 18 Uhr zugänglich. „We love Picasso“ läuft bis zum 7. Januar 2024.

Pablo Picasso (Malaga 1881–1973 Mougins) gehört zu denjenigen Künstlern, die die Kunst des 20. Jahrhunderts entscheidend prägten. Mit seinem Gemälde „Les Demoiselles d’Avignon“ schuf er 1907 die Ikone des Kubismus, den er und Georges Braques hervorbrachten. Auch Picassos weitere Stilentwicklungen verfolgten seine gleichaltrigen sowie jüngeren Künstlerkolleginnen und -kollegen mit Interesse. Sein Leben lang blieb er wichtiges Vorbild und Impulsgeber.

Die Ausstellung „We love Picasso“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie widmet sich der Rezeptionsgeschichte von Pablo Picasso in Ostmitteleuropa – insbesondere im heutigen Polen und Tschechien, sowie im geteilten Nachkriegsdeutschland. Die Zusammenschau vereint kubistische Werke, mehr oder weniger abstrakte Arbeiten, Kopien nach berühmten Originalen Picassos sowie den künstlerischen Diskurs mit seiner Person. Die rund 50 Ausstellungsobjekte umfassen eine Zeitspanne von 100 Jahren zwischen 1911 und 2013.

Das Herzstück der Präsentation bildet der große Ausstellungssaal. Namhafte tschechische Kubisten, darunter Emil Filla und Bohumil Kubišta, sind mit prominenten Leihgaben aus der Nationalgalerie Prag vertreten. Eine Kopie von Picassos berühmtem Antikriegsbild „Guernica“, 1955 von dem polnischen Künstler Wojciech Fangor gemalt, dominiert auf der anderen Seite den Raum. Die jüngsten Positionen vertritt Goshka Macuga mit der Bronzeplastik von Colin Powell aus ihrer Installation „The Nature of the Beast“ aus dem Jahr 2009. Sie verarbeitete darin die Rede des ehemaligen Außenministers vor dem UN-Sicherheitsrat aus dem Jahr 2003, in der er für einen Präventivkrieg gegen den Irak warb. Der Wandteppich „Guernica“, der im Hintergrund zu sehen gewesen wäre, wurde eigens für diesen Anlass verhängt.

Mit mehreren Arbeiten sind in den weiteren Räumen Bernard Schultze, Willi Sitte und Bernhard Heisig vertreten, die für die Picasso-Wahrnehmung in Ost- und Westdeutschland stehen. Eine Auswahl aus der Mappe „Hommage à Picasso“, die anlässlich von Picassos 90. Geburtstag vorbereitet wurde, aber erst nach seinem Tod erschien, zeigt eine ganze Bandbreite an Anspielungen an Picassos Kunst, darunter Arbeiten von Alfred Hrdlicka, Jiří Kolář und Jacques Lipchitz. Weitere Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung sind u. a. Jankel Adler, József Csáky, Josef Čapek, Slawomir Elsner, Otto Gutfreund, Moriz Melzer, Antonín Procházka, Erika Streit, Bohumil Štěpán, Max Uhlig und Alois Wachsman.

„Als Picasso-Ausstellung ohne Picasso reiht sich das Projekt „We love Picasso“ in den Reigen der Jubiläumsveranstaltungen anlässlich der 50. Wiederkehr seines Todesjahres ein,“ beschreibt Dr. Agnes Tieze, Direktorin des Kunstforums Ostdeutsche Galerie und zugleich Kuratorin, die Regensburger Ausstellung. „Anhand der Werkauswahl werden Besonderheiten in der Picasso-Rezeption thematisiert und zugleich Künstlerpersönlichkeiten behandelt, denen aufgrund der Abschottung durch den Eisernen Vorhang teils immer noch eine angemessene internationale Aufmerksamkeit versagt geblieben ist,“ fasst sie zusammen. Beleuchtet wird zugleich der Entstehungskontext der jeweiligen Kunstwerke: Die politische Situation, welche die künstlerische Entfaltung in einem Land gefördert oder behindert hat, sowie die verschiedenen Vermittlungswege – Ausstellungen, Publikationen, Reisen und parallele Entwicklungen.

Das Ausstellungskonzept konzentriert sich auf vier Schwerpunkte – die einzelnen Kapitel sind chronologisch sowie geografisch definiert.


Picasso in Prag

Das erste Mal wurde ein „Picasso“ im Herbst 1912 in Prag öffentlich ausgestellt. Es war in der zweiten Ausstellung der Künstlervereinigung, die sich „Gruppe der bildenden Künstler“ nannte. Zusammengefunden hatten sich hier Künstler aber auch Architekten und Kunsttheoretiker, die sich zur modernen Kunst bekannten – der Schwerpunkt lag neben dem Expressionismus insbesondere auf dem Kubismus. Das wesentliche Merkmal der zerlegten, kristallinen Formen bestimmte nicht nur die Malerei und Skulptur, sondern auch die Architektur und das Design.

Emil Filla war derjenige, der in seinen Gemälden sowie Objekten Picassos Stil am nächsten stand. Zusammen mit Antonín Procházka hatte er bereits 1906 Paris zum ersten Mal besucht. Seit 1909/10 hielten sich auch Otto Gutfreund, Bohumil Kubišta und Josef Čapek zu Studienzwecken in der Kunstmetropole auf. Bohumil Kubišta gehörte zwar nicht zu den Mitgliedern der „Gruppe“, doch beschäftigte auch er sich intensiv mit dem Kubismus. In der kubistischen Formensprache fand er ein entsprechendes Ausdrucksmittel für seine tiefsinnigen, oft symbolischen Inhalte.

Die wohl wichtigste Rolle bei der Verbreitung des Kubismus in Böhmen und Mähren spielte der tschechische Kunsthistoriker Vincenc Kramář. Seit 1910 sammelte er Werke von Picasso und anderen französischen Kubisten sowie von deren tschechischen Kollegen. Er gehörte zu den ersten Picasso-Sammlern überhaupt. Eine wertvolle Quelle für die tschechische Kunstszene waren zudem die Fotos von Picassos Werken, die Kramář zusammengetragen hatte. Picassos Stillleben in der Prager Ausstellung von 1912 stammte im Übrigen ebenfalls aus Kramářs Besitz. Seine Sammlertätigkeit setzte Kramář ab 1919 als Direktor der Vorgängerinstitution der Nationalgalerie Prag im Dienst des Museums fort. Diesem überließ er später auch Teile seiner privaten Sammlung.

 

Picasso in Polen

Polen ist eines der wenigen Länder, die Picasso besucht hatte. Anlass war der Weltfriedenskongress der Intellektuellen in Wrocław. Zwischen dem 25. August und 6. September 1948 reiste er nach Wrocław, Warschau, Krakau und Auschwitz. In dieser Zeit lässt sich bei polnischen Künstlerinnen und Künstlern eine stärkere Auseinandersetzung mit Picassos Werken beobachten – Picasso-Anlehnungen hatte es allerdings schon seit den 1910er Jahren gegeben. Trotz des 1949 staatlich verordneten sozialistischen Realismus blieb Picasso beispielhaft für die Moderne. Seine Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei Frankreichs hat dies begünstigt.

Der vielseitig begabte Künstler Tadeusz Kantor ist als innovativer Theatermacher international bekannt geworden. In seinem Wesen war er jedoch vor allem Maler. Er gehörte zu den Kritikern des sozialistischen Realismus und war der Ansicht, dass sich Abstraktion mit realistischen Elementen verbinden lässt. Diese Verschränkung hatte ihn auch bei Picasso angesprochen. Seine Ende der 1940er Jahre entstandenen Werke, etwa das Gemälde „Komposition (Mann mit Schirm)“ von 1949, zeigen Kantors individuelle Weiterentwicklung ausgehend von kubistischen Werken. Als der sozialistische Realismus als staatlicher Stil etabliert wurde, reduzierte Kantor seine malerische Tätigkeit und widmete sich verstärkt dem Theater.

In Wojciech Fangors künstlerischer Laufbahn gab es zwei Begegnungen mit Picassos Gemälden, die ihn entscheidend beeinflussten. „Guernica“ hat er im Entstehungsjahr 1937 in der Pariser Weltausstellung gesehen. Zehn Jahre später beeindruckte ihn eines von Picassos Porträts in einer Ausstellung im Nationalmuseum in Warschau. Er sprach von einem Augenöffner-Erlebnis, das ihn zur Vereinfachung und Geometrie führte. Zu „Guernica“ kehrte er 1955 zurück, als er für das Weltfestival für Jugendliche und Studierende in Warschau eine verkleinerte Kopie des Originals anfertigte. Sie war Teil eines Triptychons mit dem Motto „Wir fordern das Verbot von Nuklearwaffen!“, das im öffentlichen Raum angebracht war.


Picasso im Nachkriegsdeutschland

 Im geteilten Nachkriegsdeutschland verlief die Wahrnehmung von Picassos Œuvre unterschiedlich. Grund dafür waren die mangelnden Kontakte der DDR zum Westen sowie die staatliche Kunstdoktrin des sozialistischen Realismus. 1955 wurde Picasso zwar korrespondierendes Mitglied der Akademie der Künste der DDR, dennoch war er im Vergleich zur BRD kaum in der DDR präsent und auch seine Anerkennung und die Rezeption seines Werks hielten sich in Grenzen.

Bernard Schultzes Frühwerk wurde 1944 bei der Zerstörung seines Ateliers größtenteils vernichtet. Danach entstandene Werke zeigen, dass sich der spätere Schöpfer informeller Assemblagen und Objekte spätestens um 1948/50 zeitweise an Picasso orientierte. Willi Sitte beschäftigte sich seit Ende der 1940er Jahre mit Pablo Picasso. „Guernica“ inspirierte ihn zwischen 1956 und 1959 zu einem umfangreichen Werkkomplex an Zeichnungen, Aquarellen und Gemälden, in dem er die Zerstörung der Stadt Lidice im Jahr 1942 durch die Nationalsozialisten verarbeitete.

Bernhard Heisig war seit der ersten Begegnung mit Picassos Werken direkt nach Kriegsende bei einer polnischen Künstlergenossenschaft von dessen Kunstauffassung angetan. Für die Anlehnung an Picasso und Legér in seinen Wandbildern für das Hotel Deutschland in Leipzig wurde er heftig kritisiert, da sie nicht der staatlichen Vorgabe des Realismus entsprachen. Im Jahr 1965 malte er mehrere Bilder unter dem Einfluss von Picasso, die er in seiner ersten umfassenden Einzelausstellung 1973 in der Gemäldegalerie Neue Meister in Dresden und im Museum der bildenden Künste Leipzig als „Picassoides“ betitelte. 

 

Picasso in der Gegenwartskunst

Das wohl bis heute bekannteste Werk Picassos ist „Guernica“, das als universelles Antikriegsbild gilt. Einer der drei von Picasso autorisierten Wandteppiche nach dem Gemälde befindet sich als Leihgabe der Familie Rockefeller seit Mitte der 1980er Jahre im Eingangsbereich zum Sitzungssaal des UN-Sicherheitsrates in New York. Als der ehemalige Außenminister Colin Powell am 5. Februar 2003 vor dem UN-Sicherheitsrat die Notwendigkeit eines Präventivkrieges gegen den Irak begründete, wurde „Guernica“ mit einem Tuch verhängt. Die Darstellung von Leid und Zerstörung wäre im Zusammenhang von Powells Rede unpassend gewesen. Später sollte sich herausstellen, dass die Information über den Besitz der Massenvernichtungswaffen durch das Regime von Saddam Hussein nicht der Wahrheit entsprochen hatte und die Legitimation des Krieges nicht gegeben war. Diese komplexe politische Situation griff die polnisch-britische Künstlerin Goshka Macuga in ihrer Installation „The Nature of the Beast“ auf, die sie 2009/2010 in der Londoner Whitechapel Gallery präsentierte. Sie stellte den Raum im UN-Sicherheits-Rat nach. Dabei platzierte sie den Wandteppich vor einen blauen Stoff, der die Verhängung symbolisieren sollte. Colin Powell bildete sie als halbfigurige Bronzeplastik nach. Das Porträt ist stilistisch an die kubistischen Formen von „Guernica“ angelehnt. Eine der drei realisierten Bronzeplastiken ist in der Regensburger Ausstellung zu sehen.


Programm

Die Ausstellung „We love Picasso“ begleitet ein vielfältiges Programm. Neben den regelmäßigen Sonntagsführungen jeweils um 15 Uhr geben die kostenlosen Kurzführungen an mehreren Mittwochterminen einen Überblick über die Ausstellung. An drei Donnerstagen beleuchtet eine Dreierserie an Veranstaltungen die Schwerpunkte der Ausstellung. Bei ihrer Führung am Donnerstag, 26. Oktober, geht Direktorin und Kuratorin Dr. Agnes Tieze auf das Thema „Picasso in Polen“ ein. Am 9. November ist Dr. Eckhart Gillen aus Berlin zu Gast. In seinem Expertenbeitrag „Pablo Picasso als das trojanische Pferd der Moderne in der DDR“ beleuchtet er die Picasso-Rezeption in der DDR. Der Kunsthistoriker hat Ausstellungen und Publikationen zur russischen, amerikanischen und deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts realisiert und ist insbesondere auf die bildende Kunst Ostdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg spezialisiert. Die Führung mit PhDr. Gabriela Kašková am 16. November widmet sich dem tschechischen Kubismus. Workshops für Kinder und Erwachsene, eine Werkstatt für Groß und Klein am Samstag, 11. November und ein Schulprogramm runden das Vermittlungsangebot ab. Platzreservierung für alle Veranstaltungen wird empfohlen unter www.kunstforum.net/programm/kalender oder telefonisch unter 09412971420.

 

AUSSTELLUNGSDATEN

We love Picasso

7. Oktober 2023 bis 7. Januar 2024
Kuratorin: Dr. Agnes Tieze

 

Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie bedankt sich bei den Zuwendungsgebern, Sponsoren und Partnern der Ausstellung:

  • Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
  • Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales
  • Stadt Regensburg
  • REWAG
  • Sparkasse Regensburg
  • Donau-Einkaufszentrum

Kulturpartner BR2

 

PRESSEBILDER
 

Das Bildmaterial darf ausschließlich im Rahmen der aktuellen Berichterstattung über die Ausstellung „We love Picasso“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie genutzt werden. Die Bilder stehen während der Laufzeit der Ausstellung vom 7.10.2023 bis 7.1.2024 kostenfrei zur Verfügung, sowie drei Monate vor Beginn und sechs Wochen nach Ausstellungsende. Die Werke müssen vollständig, also nicht beschnitten und unverändert abgebildet werden. Die Bildunterschrift soll komplett dargestellt werden inkl. Copyrightvermerk. Die Nutzung der Abbildungen für Social Media ist ohne Genehmigung nicht zulässig und zudem grundsätzlich kostenpflichtig. Über die gebührenfreie Verwendung der Abbildungen von Künstlerinnen und Künstlern, deren Urheberrechte von der VG Bild-Kunst verwaltet werden, informieren Sie sich bitte unter: http://www.bildkunst.de/vg-bild-kunst/tarife.html bzw. unter info@bildkunst.de.

Die kompletten Bildunterschriften finden Sie in der beigelegten Datei "3_Pressebilder_We love Picasso“.

We love Picasso

Mit freundlicher Unterstützung von